Kim: Was macht Yesudians Yogastil so besonders? Was unterscheidet ihn von anderen Hatha Yoga-Stilen?
Susy: Ohne einen Vergleich mit anderen Yoga-Stilen anzustellen, kann ich Dir sagen, was aus meiner Sicht die Besonderheiten und für mich das besonders Wertvolle an Yesudian-Yoga ist.
Yesudian-Yoga ist ein verinnerlichtes Üben – eine sanfte Form von Yoga und nicht in erster Linie körperbetont.
Jede Bewegung soll entspannt ausgeführt und jede Asana in dieser bewussten Entspannung gehalten werden. Die Wirkung erfahren wir körperlich und seelisch – sowohl kraftvoll, anregend wie auch entspannend und beruhigend.
Selvarajan Yesudian sagte oft:
"Jede Übung soll von einem Gefühl der Entspanntheit begleitet sein"
Das heisst: Bewusst sein, in jeder Phase der Übung – bewusst ausgeführte Atmung und Bewegung. Yesudian sagte oft:
"Ich gehe mit meinem Bewusstsein in den Körper hinein und gebe ihm die schönste Form".
Konnte jemand aus gesundheitlichen oder anderen Gründen eine Übung nicht ausführen, empfahl er, sie mental zu machen
"Mit dem Bewusstsein in den Körper hineingehen und die Übung erleben".
Sehr zentral war für Yesudian die Atmung. Er sagte:
"Atmung verbindet mich – Geist – mit meinem Körper"
Bei gesundheitlichen Problemen forderte er die Menschen immer wieder auf: „Atmen Sie, atmen Sie, atmen Sie …!
Im Yesudian-Yoga kombinieren wir Atmung und Bewegung, was in Yoga-Kreisen als die "dynamische Form" bezeichnet wird .
Jede Übung wird diktiert und die Bewegung von allen gleichzeitig ausgeführt, so dass eine kraftvolle Gruppendynamik entsteht. Ist eine Asana beendet, folgt – ehe sie wiederholt wird – kurz ein bewusstes Nachfühlen und die vom Yogalehrer oder der Yogalehrerin in ruhigen Tonfall gesprochene Affirmation.
Die Affirmationen mit dem Nachfühlen sind eine weitere Besonderheit des Yoga-Stils nach Yesudian-Haich.
Dieser Teil der Übung ist deshalb so wichtig und wertvoll, weil die Wirkung sich nie nur auf den Körper beschränkt, sondern immer gleichzeitig auf zwei Ebenen stattfindet – körperlich und seelisch. Die Affirmationen werden ruhig und in monotonem Klang gesprochen, damit sie im Unterbewusstsein nachwirken können, zum Beispiel:
MEINE GESUNDHEIT ENTWICKELT SICH VON MOMENT ZU MOMENT …
ICH BIN GESUND IM KÖRPER UND IN DER SEELE ...
Zum Abschluss erhält der Schüler ein Blatt mit dem Programm dieser Stunde. Das Blatt enthält die ganze Übungsfolge mit mit den "Yoga-Männchen" – einem weiteren Markenzeichen Yesudians. Zudem ist bei jeder Übung die besondere Wirkung angegeben (z. B. "Nervenkraft" oder "Gesundheit"), damit der Übende die Wirkung bewusst in sich erfahren kann. Und als Einstimmung in die Yoga-Praxis zuhause, dienen ein paar besinnliche Gedanken.
Yoga nach Yesudian-Haich ist ein umfassender Yoga-Stil, der sich nicht auf Hatha-Yoga beschränkt. Wir finden darin alle vier grossen Yoga-Pfade vereinigt. Das bewusste Üben der Asanas, Meditation, Yogaphilosophie und damit verbunden die tiefe Beschäftigung mit allen Bereichen seines Daseins, führen den Menschen in seine Mitte und lassen ihn immer mehr erkennen, was sein wahres Wesen ist ...
Ich bin Geist, der Grenzenlose, der Starke, der alles Belebende, der ewig Freie.
Yesudian-Yoga ist eine Yogaform, die für Menschen aller Altersgruppen gleichermassen geeignet ist und jedem die Möglichkeit zu körperlichem und seelischem Wohlbefinden bietet. Es gibt bei Yesudian keine sogenannten "Anfänger" oder "Fortgeschrittene". Jeder kann in der gleichen Gruppe mitüben, immer entsprechend seiner momentanen körperlichen Möglichkeiten.
Im Yesudian-Yoga geht es nie um "Leistung", sondern um das bewusste Erleben.
Es geht um die eigene Entwicklung und da gibt es keine Kategorie.
Kim: Liebe Susy, Mark und ich sind begeistert von dem strukturierten Aufbau der klassischen Yesudian-Stunde. Bis heute konzipieren wir unsere Stunden oft nach diesem Vorbild und empfinden diese Art des Stundenaufbaus als unglaublich bereichernd. Würdest du unseren Lesern mit deinen Worten den klassischen Aufbau erklären?
Susy : Jede Yogastunde nach Yesudian-Haich wird nach einem einheitlichen Aufbau gestaltet
Yesudian-Yoga hat eine klare Struktur:
- Wir beginnen mit einer kurzen Versenkung. Mit gekreuzten Beinen sitzen, still „bei sich ankommen“
- Dann gibt es einen kurzen Vortrag über Yogaphilosophie bzw. Lebensphilosophie
- Zu Beginn der Yogapraxis üben wir drei Atmungen einzeln und dann die vollständige Yogi-Atmung
- Dann gibt es in jeder Stunde ein neu erstelltes Programm mit verschiedenen Asanas und Pranayama-Übungen
- Die letzte Übung ist immer eine umgekehrte Position (Kerze oder Halbkerze oder eine Variation davon)
- Dann sitzen wir noch etwa 5 Minuten in Meditation
- Als Abschluss liegen wir auf dem Rücken zur Tiefenentspannung
- Nach der Stunde erhält jeder sein Übungsblatt
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